Komisches Wort
Anti-Aging ist so ziemlich das merkwürdigste Wort, dass wir in der Kosmetik benutzen. Als wollten wir nicht leben, nicht wachsen, uns nicht verändern, sondern stattdessen alle jung sterben. Was sich nicht verändert, erstarrt und wird zur eigenen Karikatur. Entsprechend sind die Auswüchse, die man dann so im echten Leben sieht. Frauen, aber auch immer mehr Männer, die mit aller Kraft wie ihre eigenen Kinder aussehen wollen und mitleiderregend daran scheitern.
Auf der anderen Seite scheint es immer noch dieses unsägliche, ungeschriebene Gesetz zu geben, dass jede Bundesbürgerin ab einem bestimmten Alter gefälligst ihre Geschlechtszugehörigkeit, ihre Eitelkeit und ihre Individualität (vermutlich beim Einwohnermeldeamt) abzugeben und sich ab sofort im unauffälligen Einheitslook zu präsentieren hat.
Soll heißen: kein Make up mehr, Haare ab und praktische Funktionskleidung. Ich habe mir zur Gewohnheit gemacht, jeder älteren Dame, der ich auf der Straße begegne, die sich nicht diesem Diktat der Unsichtbarkeit unterwirft, sondern ihren unverkennbaren eigenen Stil zeigt, ein Lächeln oder, an guten Tagen, auch ein Kompliment zu schenken, denn es verlangt einem hierzulande schon einiges ab, sich der Strömung zu widersetzen.
Interessanterweise stößt man zur Zeit immer öfter auf Artikel wie zum Beispiel den in der NY-Times: Aging Gracefully, the French Way. Hier finde ich auch den Geist wieder, in dem die Ligne Mille von Maria Galland gedacht und entwickelt wurde. Neulich habe ich ein kleines Buch gelesen. Ein nicht ganz so anspruchsvolles Buch darüber, wodurch sich Französinnen (wohl ein Synonym für die ideale Frau) angeblich vom Rest der Welt unterscheiden, nämlich durch Selbstbewusstsein, Bildung, Eitelkeit in jeder Lebenslage, ein Geheimnis und spielerischen Umgang mit ihrer eigenen Weiblichkeit. Ich meine, es gibt diese Frauen überall auf der Welt, auch hier bei uns. Sie müssen bloß wahrgenommen werden. Sich selbst wieder mehr vertrauen. Und leben!